Die Immobilienpreise sind in Deutschland weiter gestiegen: Eigenheime und Eigentumswohnungen waren in diesem Jahr im Durchschnitt von 97 untersuchten Städten um elf Prozent teurer als im vergangenen Jahr. Die Mieten nahmen gleichzeitig um vier Prozent zu und damit deutlich weniger. Statistische Tests zeigen für immer mehr Regionen und Marksegmente spekulative Übertreibungen an. Diese könnten bald korrigiert werden, denn mit der hohen Inflation und den steigenden Zinsen hat sich das Finanzierungsumfeld des Immobilienmarktes eingetrübt. Das sind die Kernergebnisse einer Studie von Konstantin Kholodilin und Malte Rieth aus der Abteilung Makroökonomie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Wir stehen in Deutschland zwar nicht vor dem Platzen einer riesigen Immobilienpreisblase“, so Kholodilin. „Wir werden also keine Krise wie in den USA oder in Spanien während der Finanzkrise erleben – aber Preiseinbrüche von bis zu zehn Prozent bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen sind durchaus möglich.“
Bevölkerung wächst, Wohnraum bleibt knapp
Den Berechnungen zufolge, die auf Daten des Immobilienverbandes IVD für die Jahre 1996 bis 2022 basieren, haben sich die Preise für Einfamilien- und Reihenhäuser im vergangenen Jahrzehnt in etwa verdoppelt. Eigentumswohnungen wurden im selben Zeitraum um rund 150 Prozent teurer, Baugrundstücke um etwa 130 Prozent. Die Mieten stiegen mit durchschnittlich 56 Prozent zwar ebenfalls, in vielen Fällen aber deutlich weniger stark als die Preise für Wohneigentum. Eine Immobilie kostete in Großstädten zuletzt so viel wie 28 Jahresmieten – ein Höchststand seit Mitte der 1990er Jahre. Untersucht wurden 97 Städte, für die über die Jahre ausreichende und lückenlose Preisinformationen zur Verfügung standen.
Dass sich Kaufpreise und Mieten derart auseinanderentwickeln, ist bedenklich: Da Immobilienkäufe durch Mieteinnahmen – oder im Falle einer Eigennutzung durch eingesparte Mietzahlungen – refinanziert werden, sollten sich die Immobilienpreise langfristig im Einklang mit den Mieten entwickeln, für die wiederum die verfügbaren Einkommen ein wichtiger Faktor sind. Ist das nicht der Fall, liegt der Verdacht nahe, dass Immobilien als Spekulationsobjekte genutzt werden und es zu Preisblasen kommt. Statistische Tests, die die Studienautoren durchgeführt haben, bestätigen solche spekulativ bedingten Preisübertreibungen.
„Wir stehen in Deutschland zwar nicht vor dem Platzen einer riesigen Immobilienpreisblase, aber Preiseinbrüche von bis zu zehn Prozent bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen sind durchaus möglich.“ Konstantin Kholodilin
Dennoch dürfte der Immobilienmarkt in Deutschland noch vergleichsweise stabil bleiben. Zwar verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen infolge der steigenden Zinsen zusehends. Die Banken vergeben zudem schon seit Anfang 2022 deutlich weniger neue Wohnungsbaukredite. Dennoch: Der Anteil der Kredite mit einer längerfristigen Zinsbindung ist nach wie vor relativ hoch und eine um sich greifende Verschuldung der privaten Haushalte nicht abzusehen. Und vor allem gehen die hohen Immobilienpreise weiterhin vielerorts auf eine hohe Nachfrage bei gleichzeitig geringem Angebot zurück. In vielen deutschen Großstädten wächst die Bevölkerung wieder, während aufgrund der ungünstigeren Finanzierungsbedingungen, enorm gestiegener Baukosten und vielerorts auch personeller Engpässe zu wenige neue Wohnungen entstehen. In Metropolen wie Berlin, Düsseldorf und Köln ist die Zahl der fertig gestellten Wohnungen im vergangenen Jahr sogar gesunken.
Politik ist gefragt, damit Neubautätigkeit wieder in Schwung kommt
Daher sehen Kholodilin und Rieth vor allem die Politik in der Pflicht. Nachdem sie sich während der Corona- und Energiekrise zuletzt auf den Ausbau und die Aufrechterhaltung der Mobilität konzentriert habe, müsse sie sich nun wieder darauf fokussieren, günstigen Wohnraum in den Ballungsgebieten bereit zu stellen. „Die Politik sollte mit beschleunigten Verfahren und höheren öffentlichen Bauinvestitionen der Neubautätigkeit schnell wieder Schwung verleihen“, so Rieth.
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