Beate Früh, Inhaberin, Senior Consultant und Terminologin Büro b3: Im Terminologiemanagement sehe ich die Themen Extraktion und Korrelation als die Einsatzgebiete für semantische Technologien, die uns zukünftig dabei unterstützen werden, Terminologiebestände und daraus sich ergebende kontrollierte Vokabulare wie Taxonomien, Thesauri oder Ontologien auf- und auszubauen. Im klassischen Wissensmanagement werden wir bald nur noch dank KI die Flut an Dokumenten und Informationen beherrschen können. Probleme jeder Art werden wir in Zukunft verstärkt mit Hilfe von digitalen Assistenten, wie Chatbots, lösen. Dabei wird explizites Domänenwissen dank semantischer Technologien maschinell verarbeitet werden und mit KI ausgelesen werden. Im privaten Leben haben Tools mit Spracherkennung wie Google Assistant, Amazon Alexa oder Cortana von Microsoft bereits ein Plätzchen im Alltag gefunden.
Sebastian Gabler, Chief Customer Officer Semantic Web Company: Die Fähigkeit zum agilen Daten- und Informationsmanagement ist eine Kernanforderung des digitalen Unternehmens. Hierzu leistet die technische Dokumentation einen wesentlichen Beitrag, da sie das Wissen produziert, das die Produkte letztlich so einsatzbereit macht, wie es die Kund*innen benötigen. Wissensgraphen sind immer dann hilfreich, wenn man Zusammenhänge über den „Tellerrand“ einer Anwendung hinweg verwenden möchte, Informationen zwischen verschiedenen Organisationen teilen muss und vor allem dann, wenn Maschinen Informationen und Wissen verstehen sollen. Darüber hinaus ist der Einsatz von Wissensgraphen komplementär und inkrementell anwendbar. Die Entscheidung für semantische Technologien ist also ein ganz wesentlicher Enabler für die Teilnahme an den Geschäftsmodellen der Zukunft.
Welche Tipps geben Sie für eine erfolgreiche Implementierung semantischer Technologien
Prof. Dr. Martin Ley:
- Gemeinsames Commitment erarbeiten: Wir haben gute Erfahrungen damit, in Werte-orientierten Workshops gemeinsam mit den Unternehmen neue Zielbilder für den Service zu entwickeln. Dabei wird die Problematik von Informationssilos für alle Beteiligten sehr schnell deutlich.
- Prototyp eines Wissensgraphen erstellen: Haben wir erst einmal das Grundverständnis erarbeitet, können wir sehr zügig mit einem Prototypen loslegen. Wir kennen die Informationen in den Unternehmen, wir wissen, in welchen Systemen diese Informationen erstellt und verwaltet werden. Parallel zu einem As-is-Assessment können wir nebenher die Basis für den Wissensgraphen schaffen, die sog. Taxonomie, in der wir die relevanten Konzepte definieren. Dabei konzentrieren wir uns in einem ersten Schritt auf eine kleine Domäne, einen kleinen Ausschnitt, und machen den Mehrwert des Konzepts der Informationsvernetzung deutlich.
- Prototyp evaluieren: Was Wissensgraphen besonders charmant macht, ist die Möglichkeit, diese sukzessive zu erweitern. So lassen sich dann nach und nach weitere Abteilungen und weitere Informationen integrieren und zu einem unternehmensweiten Wissensgraphen ausbauen.
Beate Früh:
- Fragen Sie nach, ob Sie im Unternehmen nicht bereits z. B. im Rahmen des Übersetzungsmanagements oder der sprachlichen Qualitätssicherung in der technischen Dokumentation validierte Terminologiebestände haben. Lassen Sie prüfen, inwieweit diese zu einfacheren Wissensgraphen, wie Taxonomien oder komplexeren wie Thesaurus oder Ontologie ausgebaut werden können.
- Sollten Sie im Unternehmen bereits über Terminolog*innen oder zumindest Personen mit fundierten teminologischen Grundkenntnissen verfügen, dann nutzen Sie dessen/deren Expertise, um die neu von Ihnen benötigten Wissensgraphen, wie Taxonomien oder Ontologien, mitaufzubauen.
- Terminologiebestände, Taxonomien und Ontologien werden nicht mal schnell nebenbei erstellt. Hier fließt trotz Einsatz von Werkzeugen noch immer viel implizites Expertenwissen aus Ihrem Unternehmen ein. Ein Teil kann über sogenanntes Domänenwissen abgedeckt werden oder "von der Stange" extern in Form kommerzieller Klassifikationen oder ggf. über Linked Open Data dazugeholt werden. Das, was das spezielle Wissen der Mitarbeiter*innen und damit auch die Produkte auszeichnet und sich u. a. auch in der richtigen Terminologie äußert, muss meist ergänzt bzw. erarbeitet werden. Die finale Freigabe und damit auch das Sicherstellen, dass die Strukturen richtig abgebildet sind, erfolgt durch die Expert*innen – und nicht durch eine Maschine. Nur so ist gewährleistet, dass das spätere maschinelle Auslesen und die durch die KI getroffenen logischen Schlussfolgerungen letztendlich zum richtigen Ergebnis führen.
Sebastian Gabler: Wie in jedem anderen Bereich ist es hilfreich, klein zu beginnen und schnell zu lernen. Hierbei haben wir unter anderem gute Erfahrungen mit konzeptbasiertem Autotagging für die Verbesserung der Suche oder auch mit einer Unterstützung des Prozesses mit einem Autocomplete aus dem kontrollierten Vokabular gemacht. Speziell für mittelständische Unternehmen ist es auch oft schon ein großer Fortschritt, das Wissen, welches als Terminologielisten und Klassifikationen in Tabellenkalkulationen und Anwendungssilos begraben ist, für alle Bedarfsträger zugänglich zu machen.
Die 2004 gegründete Semantic Web Company hat ihren Hauptsitz in Österreich, mit Niederlassungen in den USA, Großbritannien und Deutschland. Als führender Anbieter von graph-basierten Metadaten-, Such- und Analyselösungen unterstützt die Semantic Web Company Unternehmen bei der Entwicklung und Implementierung von Wissensgraphen, bei der Extraktion von Wissen aus großen Datenbeständen sowie bei der Integration und Verknüpfung von strukturierten und unstrukturierten Daten. Die Semantic Web Company ist Anbieter der PoolParty Semantic Suite und wird auf der prestigeträchtigen Liste von KMWorld 2016 bis 2020 der "100 Companies that Matter in Knowledge Management" angeführt. Das Unternehmen wird in Gartners Magic Quadrant of Metadata Management Solutions in der Kategorie "Visionär" gelistet und gehört laut Analytics Insight zu "The 10 Most Innovative Big Data Analytics Companies 2020". www.semantic-web.com, de.poolparty.biz
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