Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket auf die mit der Corona-Pandemie drastisch rückläufigen Erwartungen für die Inflations- und Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone reagiert. Erstens weiten die Zentralbanken des Eurosystems ihre Wertpapierkäufe um einen Betrag von 120 Milliarden Euro bis zum Jahresende aus. Diese zusätzlichen Käufe sollen vor allem auf Unternehmensanleihen entfallen.

Zweitens werden den europäischen Banken durch neue langfristige Finanzierungsinstrumente Liquidität zu Negativzinsen zugeführt. Davon sollen vor allem die Banken profitieren, die Kredite an kleine und mittlere Unternehmen geben, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind. Die Leitzinsen bleiben hingegen unverändert. Prof.  Dr.  Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim, erklärt dazu: „Das Maßnahmenpaket ist ausgewogen und nutzt die sehr begrenzten verbleibenden Möglichkeiten der EZB, um die unausweichliche Corona-Rezession abzumildern. Die Ausweitung der Anleihekäufe und der langfristigen Finanzierungsinstrumente für die Banken (TLTROs) zielen in ihrer Ausgestaltung vor allem darauf ab, die Kreditvergabe an Unternehmen zu sichern, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind. Dies ist eine sinnvolle Schwerpunktsetzung. Es ist ein kluger Schachzug, dass Christine Lagarde heute keine weitere Zinssenkung verkündet hat. Eine weitere Verschärfung der Negativzinsen hätte den bedrängten Banken nicht geholfen, sondern deren Lage eher noch verschärft. Wer sich von Christine Lagarde einen ‚whatever it takes‘-Moment erhofft hatte, hatte ohnehin unrealistische Erwartungen. Die vom Virus ausgelöste Wirtschaftskrise lässt sich mit den Mitteln der Geldpolitik nicht wirksam eindämmen. Der Ball liegt jetzt im Feld der Fiskalpolitiker. Die fiskalisch gesunden EU-Mitgliedstaaten sollten ihren Spielraum nutzen, um das Abgleiten Europas in eine kombinierte Krise von Real- und Finanzwirtschaft zu verhindern. Nach Christine Lagarde muss jetzt Ursula von der Leyen liefern und mit den EU-Regierungen ein europäisches Stabilisierungsprogramm aushandeln.“

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW rund 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

Forschungsfelder des ZEW

Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft; Marktdesign.

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