Am 30. Mai 2024 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit EU- oder EWR-Staatsangehörigkeit das Recht haben müssen, für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit die Antragsveranlagung zu wählen, auch wenn der Wohnsitz des Steuerpflichtigen in der Schweiz liegt. In einem aktuellen Schreiben nahm das Bundesfinanzministerium Stellung. Wer nun mit einer freiwilligen Steuererklärung Steuern sparen kann, erklärt Ecovis-Steuerberater Bernd König in Ravensburg.

Hintergrund des Urteils

Nach dem Gesetz ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit für beschränkt Steuerpflichtige nur unter zwei Voraussetzungen möglich (Paragraph 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 i. V. m. S. 7 Einkommensteuergesetz, EStG):

  1. Der Steuerpflichtige muss Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) sein oder eines anderen Staats, für den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gilt.
  2. Der Steuerpflichtige muss im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Wann ist eine Person beschränkt steuerpflichtig?

Hat eine Person keinen Wohnsitz im Inland und hält sich für gewöhnlich auch nicht dort auf, ist sie nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Trotzdem können ihre Einkünfte in Deutschland steuerpflichtig sein, wenn diese einen speziellen Bezug zum Inland haben. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind in Deutschland zum Beispiel dann steuerpflichtig, wenn die Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder wurde.

Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige

Das Einkommensteuergesetz sieht für beschränkt Steuerpflichtige verschiedene Sondervorschriften vor. Es regelt zum Beispiel, dass die Einkommensteuer für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer durch den Steuerabzug vom Arbeitslohn grundsätzlich abgegolten ist, also keine weitere Steuer zu zahlen ist. Der Vorteil ist, dass der Steuerpflichtige dann keine Steuererklärung abgeben muss. Nachteilig kann sich auswirken, dass er weder Aufwendungen, die im Zusammenhang mit seinen Einnahmen stehen, absetzen, noch vom Grundfreibetrag profitieren kann.

EU- und EWR-Staatsbürger können Werbungskosten absetzen

Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats oder eines Staats des EWR, die nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Deutschland beziehen, können selbst entscheiden, ob sie freiwillig eine Einkommensteuererklärung abgeben. In bestimmten Fällen können sie dann durch den Abzug von Werbungskosten eine Steuererstattung erhalten. Zusätzliche Voraussetzung ist, nach dem Gesetzeswortlaut, allerdings, dass sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der EU oder dem EWR haben.

Was gilt jetzt für in der Schweiz lebende EU- und EWR-Staatsbürger?

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben mit der Schweiz ein Abkommen über die Freizügigkeit ihrer Staatsangehörigen. Mit seinem Urteil vom 30. Mai 2024 legt der Europäische Gerichtshof (EuGH) aus, was das bedeutet. Auch ein EU- oder EWR-Staatsbürger, der seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, muss die Möglichkeit haben, sich unter sonst gleichen Voraussetzungen für eine Antragsveranlagung entscheiden zu können. Denn nur dann kann er unter bestimmten Voraussetzungen von einer Einkommensteuererstattung profitieren.

Mit dem neuen Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) setzt die Finanzverwaltung die Vorgaben des EuGH nun um (BMF-Schreiben vom 5. August 2024, IV B 8 – S 2301/22/10001 :001). In allen offenen Fällen gilt demnach, dass ein Antrag auf Einkommensteuerveranlagung auch dann vom Finanzamt zu genehmigen ist, wenn die antragstellende Person Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats oder eines Landes des EWR ist und in der Schweiz wohnt oder sich dort gewöhnlich aufhält.

„In der Schweiz lebende EU- oder EWR-Bürger mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Deutschland sollten prüfen, ob sie mit einer Antragsveranlagung Steuern sparen können“, sagt Bernd König.

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