Das Bundeskabinett hat Mitte August die Teillegalisierung von Cannabis verabschiedet. Mit dieser Neuregelung sollen die Veräußerung und der Erwerb von Cannabisprodukten im gesetzlichen Rahmen nicht mehr strafbar sein. Das Gesetz könnte Anfang 2024 in Kraft treten. Doch Legalisierung hin oder her: Genau wie Alkohol beeinträchtigt Cannabis die Fähigkeit zum Autofahren. Daher rückt die Frage in den Fokus, welche Auswirkungen die angestrebte Liberalisierung auf die Verkehrssicherheit hat. Welche Risiken gehen von Cannabis im Straßenverkehr aus? Und wie ist die rechtliche Lage? Thomas Wicke, Verkehrspsychologe bei TÜV SÜD Pluspunkt, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Gefahren von Cannabis im Straßenverkehr
Der Konsum von Cannabis kann das Fahrverhalten erheblich beeinflussen und dadurch fatale Folgen im Straßenverkehr haben. Das im Cannabis enthaltene Tetrahydrocannabinol (THC) wirkt psychoaktiv und schränkt die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit erheblich ein. Weitere mögliche Folgen des Cannabiskonsums sind starke Müdigkeit, Störungen der Motorik, Selbstüberschätzung, Ausrichten der Wahrnehmung auf irrelevante Nebenreize, Euphorie, erhöhte Lichtempfindlichkeit und das gesteigerte Risiko einer drogeninduzierten Psychose. Wird Cannabis mit Alkohol oder anderen Drogen kombiniert, ist die Wirkung noch unkalkulierbarer.

Cannabis im Fahreignungsrecht
Wie Cannabis mit Hinblick auf die Fahreignung beurteilt wird, hängt vom konkreten Konsumverhalten ab. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist nur bei regelmäßiger, also (fast) täglicher Einnahme oder Abhängigkeit vorgesehen. Wird die Droge nur gelegentlich konsumiert, kann die Fahreignung gegeben sein. Voraussetzungen sind, dass Konsum und Fahren zeitlich ausreichend getrennt sind, weder Alkohol noch andere psychoaktiv wirkende Stoffe zusätzlich konsumiert wurden und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegen.

Gültiger Grenzwert
„Rechtlich gesehen geht es um die Frage, ab welcher THC-Konzentration keine ausreichende Trennung mehr zwischen Konsum und Fahren gegeben ist“, so Thomas Wicke. Der Grenzwert liegt bei einem THC-Wert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Ab dieser Konzentration begeht der Fahrer eine Ordnungswidrigkeit, auch wenn er keine Ausfallerscheinungen zeigt. Vergleichbar ist dies mit einer Fahrt mit über 0,5 Promille Alkohol im Blut. Wird er erwischt, drohen beim ersten Mal ein Bußgeld von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot für einen Monat. Außerdem ordnet die Fahrerlaubnisbehörde eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) an. Im Rahmen dieser muss der Betroffene innerhalb von drei Monaten nachweisen, dass er kein Dauerkonsument ist und künftig in der Lage ist, Cannabiskonsum und Fahrzeugnutzung konsequent zu trennen. „Das nachzuweisen, ist jedoch gar nicht so einfach, da sich das psychoaktive THC nur sehr langsam im Körper abbaut und die Abbauprodukte – besonders bei regelmäßigem Konsum – noch über Wochen im Blut und über Monate im Urin nachweisbar sind“, erklärt der Experte. Während sich Alkohol gleichmäßig im Körper abbaut, verläuft der Abbau von Cannabis wie bei den meisten Drogen nicht-linear. Außerdem ist die Wirkstoffkonzentration unkalkulierbar, da diese in Naturprodukten nicht konstant ist.

Auf Nummer sicher
Wie beim Alkohol gilt auch beim Konsum von Cannabis: Wer die Finger komplett davon lässt, ist auf der sicheren Seite und gefährdet sich, andere Verkehrsteilnehmer und die Fahrerlaubnis am wenigsten. „Unter bestimmten Bedingungen kann bei Fahrten unter Cannabiseinfluss auch der Straftatbestand erfüllt sein– nämlich dann, wenn beim Fahrer relevante Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Werden also unter Drogeneinfluss Unfälle verursacht oder riskante, gefährdende Fahrmanöver festgestellt, ist der Führerschein in jedem Fall weg“, weiß Thomas Wicke. Kann ein regelmäßiger Cannabiskonsum nachgewiesen werden, kann die Fahrerlaubnis sogar ohne stattgefundene Fahrt unter Drogeneinfluss entzogen werden, da der Betroffene laut geltender Fahrerlaubnisverordnung dann als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt.

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