Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Reetz, der nächste Solar-Bond der reconcept-Gruppe ist aufgelegt – wofür sollen die anvisierten Mittel von bis zu 10 Mio. Euro konkret genutzt werden?
Karsten Reetz: Die Mittel fließen in unsere Entwicklung von Photovoltaikprojekten. Insbesondere in den Kauf von Projektrechten zur Entwicklung von neuen Solarparks. Hier planen wir aktuell eine Gesamtleistung von rund 300 Megawatt-Peak (MWp) an mehreren Standorten in Nord- und Ostdeutschland. Darüber hinaus wollen wir noch umfassender an der Photovoltaik-Wertschöpfungskette partizipieren, indem wir uns an Unternehmen der Solarwirtschaft, beispielsweise Projektentwicklern oder Wartungs- und Betriebsführungsdienstleistern, beteiligen bzw. diese übernehmen.
Anleihen Finder: Welche Elemente der Wertschöpfungskette bietet die reconcept Solar Deutschland GmbH als Projektentwickler und Solar Bond-Emittentin denn bislang an und wo liegt deren USP?
Karsten Reetz: Wir decken das gesamte Spektrum der Projektentwicklung ab: von der Akquise von entsprechenden Grundstücken und Dachflächen über die Herstellung der Baureife und grundbuchdinglichen Sicherheiten bis zur Einholung behördlicher Genehmigungen und Gutachten. Da die Umsetzung durch das bereits bestehende Projektentwicklungsteam der Muttergesellschaft, der reconcept GmbH, erfolgt, verfügen wir hier über ausreichend Erfahrung und Kompetenz.
Anleihen Finder: Wie ist das Geschäftsmodell – behalten Sie die PV-Parks im eigenen Bestand oder veräußern Sie diese? Welche Kriterien müssen „Ihre“ Solarparks darüber hinaus erfüllen?
„Unser Fokus liegt ganz klar darauf, die Solarprojekte bis zur Baureife zu entwickeln und anschließend zu veräußern“
Karsten Reetz: Dass wir vereinzelt Photovoltaik-Anlagen auf Frei- oder Dachflächen im Eigenbestand halten werden, ist grundsätzlich möglich. Allerdings liegt unser Fokus in erster Linie ganz klar darauf, die Solarprojekte bis zur Baureife zu entwickeln und anschließend zu veräußern. Wir reden dabei von einer durchschnittlichen Größe von ca. 20 MWp mit geografischem Fokus auf Nord- und Ostdeutschland. Dort verfügen wir über eine große Marktexpertise und wir sehen in diesen Regionen attraktive Potenziale.
Anleihen Finder: Warum ist der weitere Ausbau des „Solarbereichs“ derzeit am attraktivsten für die reconcept Gruppe?
Karsten Reetz: Die Gründe liegen für uns auf der Hand: gesunkene Kosten, ein höheres Bewusstsein für den Klimawandel und vor allem ehrgeizige Ausbauziele der Politik. So soll sich der Photovoltaik-Zubau in Deutschland bis 2030 von aktuell rund 70 Gigawatt auf 215 Gigawatt mehr als verdreifachen. Dabei könnten schätzungsweise bis zu 15 Milliarden Euro pro Jahr in den Markt fließen. Klar ist aber auch, dass es einer dringenden Beschleunigung bedarf – nicht zuletzt, weil 2022 lediglich 7 Gigawatt neu hinzukamen. Das neue EEG 2023 sieht vor, dass für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zukünftig mehr Flächen zur Verfügung gestellt werden. Hier sind nun die Länder und Kommunen gefragt, diese Ziele Realität werden zu lassen. Diverse Maßnahmen sind dafür auf unterschiedlichen politischen Ebenen im Gespräch – u. a. Klarstellungen und Erleichterungen in der Baunutzungsverordnung sowie im Baugesetzbuch und auch eine Öffnung weiterer Gebiete für Photovoltaik.
„Gesunkene Kosten, höheres Bewusstsein für den Klimawandel und ehrgeizige Ausbauziele der Politik“
Anleihen Finder: Ist die Kuponhöhe mit 6,75% p.a. auch deshalb im aktuellen (Zins-)Umfeld eher moderat gewählt?
Karsten Reetz: Der Kupon spiegelt das attraktive Chance-Risiko-Profil des Photovoltaik-Marktpotenzials und damit für unseren reconcept Solar Bond Deutschland II sehr gut wider. Zusätzlich haben wir uns auch an unserer Vorgänger-Anleihe orientiert, die identische Konditionen bietet und im aufgestockten Volumen von 12,5 Mio. Euro voll platziert wurde. Zudem notiert die Anleihe seit dem Börsenstart konstant zu bzw. über pari.
Anleihen Finder: Die Emittentin ist eine noch sehr junge Gesellschaft Ihrer Gruppe –welche Sicherheiten können Sie Ihren Anlegern denn bieten und wird eine Börsennotierung des Bonds hier auch definitiv erfolgen?
Karsten Reetz: Die Anleihebedingungen sehen als besondere Schutzrechte für die Investoren vor allem eine Negativverpflichtung, eine Transparenzverpflichtung sowie ein Sonderkündigungsrecht bei einem Kontrollwechsel vor. Die Börsennotierung der neuen Anleihe wird definitiv erfolgen – und zwar plangemäß am 18. Oktober 2023.
Anleihen Finder: Im Gründungs-Geschäftsjahr 2022 steht ein Verlust von 1,1 Mio. Euro zu Buche – wie können Sie denn da die Zinszahlungen für nunmehr zwei Solar Bonds gewährleisten?
„2024 werden wir die fälligen Zinszahlungen für beide Bonds wie geplant aus ersten Projektverkaufserlösen leisten“
Karsten Reetz: Zum 31. Dezember 2022 lagen unsere liquiden Mittel bei rund 1,5 Mio. Euro. Im Geschäftsjahr 2023 fällt lediglich die halbjährliche Zinszahlung für den reconcept Solar Bond Deutschland in Höhe von rund 0,4 Mio. Euro an. 2024 werden wir die fälligen Zinszahlungen für beide Bonds wie geplant aus ersten Projektverkaufserlösen der von uns projektierten bzw. sich noch in der Entwicklung befindlichen Projekte leisten, deren Wert mit zunehmendem Entwicklungsfortschritt entsprechend deutlich steigt.
Hinweis: Dieses Interview erschien zunächst in der neuen Ausgabe des Anleihen Finder Newsletters (Juni-1-2023). Registrieren Sie sich hier für unseren kostenlosen Newsletter und seien Sie stets vorab informiert.
Anleihen Finder: Welchen Track Record und welche Einnahmen hat denn der noch junge Geschäftsbereich Solar bislang vorzuweisen und wie sieht die aktuelle Auftrags-Pipeline aus?
Karsten Reetz: Obwohl der Geschäftsbereich noch recht jung ist, verfügen wir bereits über ein Projektportfolio mit einer Gesamtleistung von 824 MWp. Dieses Portfolio hat laut Gutachten eines externen Sachverständigen per 31.12.2022 auf Basis von marktüblichen und realistischen Preisen einen Wert von ca. 19,8 Mio. Euro bis 24,2 Mio. Euro. Die ersten Projekte werden bereits 2024 die Baureife erreichen.
Anleihen Finder: Wo liegen die größten Risiken im Solargeschäft – bei Liefer-/Materialengpässen, einem zunehmendem Wettbewerbsdruck oder bei der Projektfinanzierung und Genehmigungsverfahren?
„Herausfordernd sind nach wie vor die Komponentenbeschaffung sowie die langen Genehmigungsverfahren“
Karsten Reetz: Herausfordernd ist nach wie vor die Komponentenbeschaffung. Hier mangelt es an Modulen, da China deutlich weniger Wechselrichter und Solarmodule produziert als in der Vergangenheit. Aber auch die Genehmigungsverfahren stellen eine unverändert hohe Hürde dar, weil sie einfach immer noch zu viel Zeit beanspruchen. Hier braucht es eine deutliche Verkürzung, damit der so dringend erforderliche Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht länger von bürokratischen Hürden ausgebremst wird.
Anleihen Finder: Abschließend: Wie viele Solarparks und MWp sollen in den nächsten Jahren hinzukommen? Mit welchen Investitionen und Einnahmen kalkulieren Sie in der Solarsparte?
Karsten Reetz: Wir wollen unsere Solarsparte in den nächsten Jahren konsequent ausbauen. Allein durch die Mittel aus dem neuen reconcept Solar Bond Deutschland II soll unser Photovoltaik-Portfolio von derzeit 824 MWp um rund 300 MWp erweitert werden. Der gutachterlich ermittelte Projektwert unseres bereits bestehenden Portfolios von ca. 19,8 Mio. Euro bis 24,2 Mio. Euro vermittelt sicherlich eine gute Orientierung für unsere zukünftigen Einnahmen.
Anleihen Finder: Vielen Dank, Herr Reetz.
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