Weil Betriebsnachfolge-Lösungen ein komplexes Konstrukt sind, gehen seit einem Jahr drei Handwerkskammern im Land das Thema ganz intensiv an. Ziel des Projekts ist die Sensibilisierung von potenziellen Übergebern und Übernehmern für das Thema Betriebsnachfolge. „Im baden-württembergischen Handwerk sind 45 Prozent der Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber älter als 50 Jahre. Da die Suche nach einer geeigneten Nachfolgelösung erfahrungsgemäß viel Vorlaufzeit benötigt, muss dieses Thema sehr frühzeitig in das Bewusstsein der künftigen Übergeber kommen – das Hauptproblem ist jedoch, dass vielerorts die Nachfolgerinnen und Nachfolger fehlen“, berichtet Dirk Gebert, Leiter der Koordinierungsstelle des Nachfolgenetzwerks Baden-Württemberg. „Mit unserem Projekt wollen wir die nötige Aufmerksamkeit sowie die passenden Informations- und Beratungsangebote schaffen.“

Im September 2020 starteten zunächst die Handwerkskammern Region Stuttgart und Freiburg das „Nachfolgenetzwerk Baden-Württemberg“. Im Januar 2021 ist zudem die Handwerkskammer Karlsruhe als dritter Verbundpartner hinzugekommen. In den vergangenen Monaten haben die Projektpartner daher zahlreiche Aktionen und Projekte auf die Beine gestellt. Mit rund 15 Online-Veranstaltungen boten die drei Partnerkammern eine informative Web-Seminar-Reihe zum Thema Nachfolge und seinen zahlreichen Facetten. Für Gebert hat die Sensibilisierung und Beratung der Zielgruppen höchste Priorität. „Die hohen Teilnehmerzahlen zeigen immer wieder, wie relevant das Thema im Handwerk ist. Deshalb ist es wichtig, die Maßnahmen bei unseren Zielgruppen, aber auch weit darüber hinaus zu positionieren.“

Region Stuttgart: Videos zur Zielgruppenansprache

Um die Zielgruppen wie Meisterschüler, Studenten, Studienabbrecher, Quereinsteiger vor allem die Nutzer der Social-Media-Kanäle für eine Betriebsnachfolge im Handwerk zu sensibilisieren, entstanden bei der Handwerkskammer Region Stuttgart mehrere Best-Practice-Videos. So erzählt ein Akademiker von seinem Weg ins Handwerk, ebenso wird der Weg eines angestellten Jungmeisters vorgestellt, wie er einen global agierenden Handwerksbetrieb übernimmt. „Zur Palette der unterstützenden Maßnahmen ist weder die Betriebsbörse der Kammer wegzudenken noch die Web-Seminare oder Fachvorträge in Meisterkursen“, betont Thomas Hoefling, Hauptgeschäftsführer der Kammer. „Weil der Bedarf angesichts der Zahlen riesengroß ist, wollen wir gleich im neuen Jahr mit Studenten in Handwerksbetrieben sogenannte Werkstattgespräche durchführen und die Zusammenarbeit mit Meisterschulen und der Arbeitsagentur Stuttgart intensivieren.“

Weitere Informationen unter www.hwk-stuttgart.de/nachfolgenetzwerk

Freiburg: Nachfolge-Club gestartet

Um die primäre Zielgruppe der potenziellen Nachfolger noch besser zu erreichen und dieser ein maßgeschneidertes Angebot zu bieten, hat die Handwerkskammer Freiburg zudem unter dem Namen „ Meisternetzwerk“ einen Nachfolge-Club gestartet. Die Auftaktveranstaltungen Mitte September starteten an den drei Standorten Freiburg, Lörrach und Offenburg mit über 20 Teilnehmern. „An allen Standorten kam es zum intensiven und spannenden Austausch unter den Meistern“, berichtet Nils Hodapp, der Ansprechpartner für das Meisternetzwerk ist. Für den 07.12.2021 ist die nächste Veranstaltung des Netzwerks geplant. Das Meisternetzwerk steht allen jungen Führungskräften und Meistern der Handwerkskammer Freiburg offen. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.hwk-freiburg.de/meisternetzwerk

Zudem wurde das Projekt bei den Innungen und Kreishandwerkerschaften im Kammerbezirk Freiburg vorgestellt. Auch Gesellen und angehende Meister wurden für das Thema Nachfolge sensibilisiert: In mehreren Meisterkursklassen der Gewerbe Akademie am Standort Freiburg wurde über das Thema Unternehmensnachfolge und Existenzgründung berichtet.

Karlsruhe: Nachfolgecoaching im Fokus

Die Handwerkskammer Karlsruhe führte zunächst eine Bedarfsanalyse bei unterschiedlichen Akteuren zum Thema Nachfolge durch. Neben Expertengesprächen mit Bildungseinrichtungen, Gründungsinstituten oder der Arbeitsagentur, wurden moderierte Workshops zur Bedarfsidentifikation mit den relevanten Zielgruppen umgesetzt. Im Rahmen eines Workshops wurden so beispielsweise die verschiedenen Sichtweisen und Herangehensweisen zum Thema „Unternehmensnachfolge von Frauen im Handwerk“ in kleinen Gruppen diskutiert und reflektiert. Daraus wurden die thematischen Schwerpunkte für die kommenden Monate abgeleitet, um die Nachfolgerinnen gemeinsam bei der Übernahme oder Gründung eines Handwerksbetriebes zu unterstützen.

Neben virtuellen Veranstaltungen zum Beratungsangebot der Kammer – passend zugeschnitten auf die Zielgruppe – standen auch Seminare und Workshops gemeinsam mit der Personalberaterin Brigitte Herrmann auf dem Programm. Hierbei wurde Nachfolgerinnen und Nachfolgern das Thema der Charakterstärkenanalyse nähergebracht. Auch die Möglichkeit einer individuellen Kompetenzbilanzanalyse durch die Handwerkskammer wurde in diesem Zusammenhang präsentiert.

In den ersten Monaten konnten die Netzwerkpartner also bereits zahlreiche Aktionen umsetzen. Die Akteure blicken aber auch auf das kommende Jahr. Insbesondere hoffen sie auf weitere Veranstaltungen in Präsenz. „In 2022 wird es aller Voraussicht nach öfter möglich sein, auch in Präsenz in Schulen und Hochschulen zu gehen und wieder verstärkt Präsenzveranstaltungen anbieten zu können“, hofft Gebert. „Wir freuen uns darauf, künftig wieder stärker mit Interessenten und Multiplikatoren in den unmittelbaren Kontakt zu kommen.“

Das Nachfolgenetzwerk Baden-Württemberg

Das Projekt „Nachfolgenetzwerk Baden-Württemberg“ wird von den drei Handwerkskammern Region Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe getragen. Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz über die Initiative „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“ gefördert und hat eine dreijährige Laufzeit.

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