Jeder neue Koalitionsvertrag kündigt Neuerungen im Arbeitsrecht an, die zumeist auch umgesetzt werden. Der Koalitionsvertrag der „Ampel“ birgt aber geradezu ein Feuerwerk an angekündigten Neuerungen.
Wir fassen diese kurz stichpunktartig zusammen:
- Home-Office: Home-Office soll als eine Möglichkeit des mobilen Arbeitens aus dem Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung ausgenommen werden und somit keine Telearbeit mehr sein. Die Beschäftigten erhalten bei geeigneter Tätigkeit einen Erörterungsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber zum Thema der Gewährung von Home-Office oder mobiler Arbeit. Ausdrücklich heißt es hier: „Arbeitgeber können dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Das heißt, dass eine Ablehnung nicht sachfremd oder willkürlich sein darf.“ Dies dürfte künftig auf einen breitgefächerten Anspruch auf Home Office bei normalen „Bürotätigkeiten“ hinauslaufen. Details sind hier noch unklar.
- Mindestlohn: Wie zu erwarten war, wird der Mindestlohn von EUR 12 pro Stunde heraufgesetzt. Das Datum der Erhöhung ist im Koalitionsvertrag nicht angegeben. Der Mindestlohn soll – wie bislang – periodisch auf weitere Erhöhung überprüft werden.
- Minijob-Verdienstgrenze: Die langjährig auf EUR 450 pro Monat festgelegte Minijob-Verdienstgrenze wird auf EUR 520 pro Monat angehoben, was zu begrüßen ist. Dies entspricht einer Arbeitszeit von 10 Std pro Woche auf Basis des neuen Mindestlohns. Die Midi-Job-Grenze wird auf EUR 1.600 erhöht.
- Kettenbefristungen: Sachgrundbefristungen bei demselben Arbeitgeber werden zukünftig auf eine Gesamtdauer von grds. maximal 6 Jahren beschränkt, um Kettenbefristungen zu vermeiden.
- Tägliche Arbeitszeit: Am 8-Stunden-Tag wird festgehalten. Allerdings soll von dieser werktäglichen Höchstarbeitszeit zukünftig durch tarifliche Regelung oder durch Betriebsvereinbarung (auf Basis eines Tarifvertrages) abgewichen werden können. Die Ampel möchte trotz eines gegenläufigen EuGH-Urteils aus 2019 die Vertrauensarbeitszeit zukünftig weiterhin ermöglichen. Hier sind viele Details noch ungeklärt, flexible Arbeitszeitmodelle sollen aber ermöglicht werden. Die Ampel spricht sich dabei auch für Coworking-Spaces aus.
- Unternehmensmitbestimmung: Missbräuchliche Umgehungsgestaltungen zur Vermeidung der Mitbestimmung auf Unternehmensebene (Aufsichtsrat) – etwa durch Bildung einer SE – sollen zukünftig nicht mehr möglich sein. Wichtige Neuerung hier zudem: Die Konzernzurechnung aus dem Mitbestimmungsgesetz wird auf das Drittelbeteiligungsgesetz erstreckt und greift, sofern faktisch eine echte Beherrschung vorliegt. Damit werden künftig etliche Unternehmen neu unter eine Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat fallen.
- Selbstständige: Wer als Geschäftsführer(in) in einer GmbH (etc.) tätig war und dafür Beiträge entrichtet hat, soll künftig stets Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.
- Kurzarbeit: Die Krisenregelungen beim Kurzarbeitergeld werden von der Ampel nach der Corona-Pandemie neu evaluiert, insbesondere mit Blick auf Menschen mit geringem Einkommen.
- Arbeits- und Gesundheitsschutz: Der Arbeits- und Gesundheitsschutz soll mit Blick auf die psychische Gesundheit um einen Mobbing-Report erweitert werden (was datenschutzrechtlich problematisch werden dürfte). Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollen bei Prävention und Umsetzung des Arbeitsschutzes unterstütz werden. Das betriebliche Eingliederungsmanagement soll gestärkt werden. Details bleiben unklar.
Bewertung: Unsere Einschätzung ist, dass die neue Koalition das Thema Arbeitsrecht stark in den Fokus nimmt. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Home-Office, geringfügige Beschäftigung, flexible Arbeitszeitmodelle und Mitbestimmung im Aufsichtsrat. Etliche Punkte sind noch weitgehend ungeklärt, es ist jedoch in den kommenden Monaten mit vielen Gesetzesinitiativen zu rechnen. Selbstverständlich halten wir Sie hier weiter unterrichtet.
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