„Die großen Gewinner des globalen Kaffeehandels der letzten 30 Jahre sind die Röstereien und Verarbeiter in Industrieländern wie Deutschland, Italien oder der Schweiz. Die Akteure der Anbauländer konnten ihre Einkommen dagegen im Schnitt nur moderat steigern“, schlussfolgern Dennis Görlich, Aoife Hanley, Wan-Hsin Liu und Finn Ole Semrau vom IfW Kiel. Sie haben im Auftrag der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) den globalen Kaffeehandel der letzten 30 Jahre analysiert („Fostering the Development of the Coffee Global Value Chain“, die Seite ist ab ca. 14 Uhr erreichbar). Die Studie ist Teil des Coffee Development Report 2020, der heute von der International Coffee Organisation (ICO) vorgestellt wird.
Laut Studie wird ein immer größerer Anteil der Wertschöpfung im Kaffeemarkt in der Kaffeeverarbeitung, vor allem in der Veredelung zu Röstkaffee erwirtschaftet. In den letzten 30 Jahren stiegen Preise und Absatzmengen von geröstetem Kaffee bzw. Kaffeeprodukten, wie etwa Kaffeekapseln, stark an. Die Exportmengen stiegen hier um rund das Vierfache, und die Preise stiegen sogar um rund das Sechsfache. Dagegen legten die Exportmengen und die Preise für Rohkaffee nur verhältnismäßig gering zu, jeweils um etwa 60 Prozent.
Die Kaffeeanbauländer, welche hauptsächlich Schwellen- und Entwicklungsländer entlang des sogenannten Kaffeegürtels rund um den Äquator sind, exportieren zwar ca. 70 Prozent ihrer Kaffeeprodukte, jedoch 87 Prozent als Rohkaffee. Weil die Röstkaffeeverarbeitung mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden und technisch anspruchsvoll ist, etwa um trotz unterschiedlicher Ernten einen konstanten Geschmack zu erzielen, sind diese Produktionsschritte vor allem kapitalstarken Unternehmen aus Industrieländern wie Deutschland, Italien oder der Schweiz vorbehalten. Außerdem ist gerösteter Kaffee nicht ohne Qualitätseinbußen über längere Strecken zu den vor allem westlichen Endverbrauchern zu transportieren. Eine Röstung im Anbauland für den westlichen Markt scheidet daher mit Ausnahme einiger Nischenprodukte aus.
Westliche Konzerne sollten für faire Bezahlung einstehen
„Die üblichen Mechanismen der globalen Arbeitsteilung, die es Rohstofflieferanten erlauben, sich in der Wertschöpfungskette nach oben zu arbeiten, indem sie nach und nach einzelne Verarbeitungsschritte übernehmen, funktionieren im globalen Kaffeemarkt nicht oder nur sehr eingeschränkt“, so die Autoren. „Dies ist umso bedauerlicher, da damit üblicherweise mehr Wohlstand und Wirtschaftswachstum für das ganze Land verbunden ist. Den wenigen westlichen Kaffee-Konzernen, die den Markt dominieren, kommt daher eine immense soziale Verantwortung gegenüber den Anbauländern zu, und sie sollten etwa für einen nachhaltigen Kaffeeanbau, gute Arbeitsbedingungen, faire Bezahlung sowie einen verstärkten Einsatz von Technik und Maschinen einstehen.“
Insbesondere beim Anbau von Arabica-Bohnen, die typischerweise für die Produktion von geröstetem Kaffee verwendet werden, können Kaffee-Farmer ihre Einnahmen praktisch nur durch eine bessere Bohnenqualität steigern. Bei Robusta-Bohnen, die vor allem für die Produktion von löslichem Kaffee verwendet werden, könnten Anbauländer dagegen leichter Verarbeitungsprozesse übernehmen. Unter anderem, da löslicher Kaffee auch über längere Strecken transportiert werden kann und die Herstellung weniger kompliziert bzw. kostspielig ist. Beispielsweise gelang es Vietnam und Ecuador, eine entsprechende Industrie aufzubauen. Die Politik vor Ort kann Herstellung und Export von löslichem Kaffee durch attraktive Bedingungen für inländische und ausländische Investoren sowie eine gute Transport-Infrastruktur unterstützen.
Kiel Working Paper: „Fostering the Development of the Coffee Global Value Chain“. Die Seite ist ab ca. 14 Uhr erreichbar.
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