„Der Recovery Fund wird letztlich die dramatischen Finanzprobleme Italiens und Griechenlands nicht lösen können“, sagt Studienautor Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Forschungsbereichsleiter am ZEW. „Ökonomisch ist es richtig, dass jetzt auch Gelder von Osteuropa nach Südeuropa fließen, weil die Rezession im Süden besonders tief ist. Politisch wird das allerdings für erheblichen Widerstand sorgen. Wenn der Recovery Fund einen Beitrag zur Gesundung leisten soll, dann muss das Geld sehr rasch fließen und zielgenau zur Konjunkturbelebung genutzt werden. Der langfristige Nutzen des Fonds ist hingegen nicht erkennbar.“ Die Kurzexpertise von Prof. Dr. Friedrich Heinemann berücksichtigt, dass die Begünstigung durch den Fonds der ökonomischen Betroffenheit durch die Krise entsprechen soll. Die Simulation unterstellt konkret, dass die Verteilung des Geldes entweder proportional zum Wachstumsverlust im Jahr 2020 oder zusätzlich auch unter Berücksichtigung des Anstiegs der Arbeitslosigkeit erfolgt. Für die Finanzierung gilt, dass der Fonds schuldenfinanziert sein und die Tilgung erst nach 2027 über den EU-Haushalt erfolgen soll. Dann kommen auf die Mitgliedstaaten höhere Beitragszahlungen für die Tilgung zu, die sich nach dem Anteil an der Wirtschaftsleistung bemessen. Die Berechnungen berücksichtigen daher, dass die schneller wachsenden osteuropäischen Staaten in Zukunft auch einen höheren Anteil zur Finanzierung des Haushaltes leisten werden als heute.
Bei einer Orientierung der Zahlungen nur am Wachstumsrückgang sind mit Ausnahme Maltas alle südeuropäischen Mitgliedstaaten und Frankreich Nettoempfänger. Am stärksten profitieren relativ zu ihrer Wirtschaftsleistung Griechenland und Italien. „Die Logik des Fonds liegt in der kurzfristigen Konjunkturstabilisierung. Und da ist es vernünftig, den Ländern in der tiefsten Rezession am meisten Mittel zufließen zu lassen“, so Heinemann. Allerdings ist dieser Vorteil in seiner makroökonomischen Größenordnung gering. Er liegt für Griechenland bei lediglich 2,2 Prozent und für Italien nur bei 1,4 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Wird neben dem Wachstumsrückgang auch berücksichtigt, wie stark sich die Arbeitslosigkeit ausweitet, dann würde dies den mittel- und osteuropäischen Staaten helfen, höhere Anteile aus dem Recovery Fund zu erhalten und die Begünstigung Südeuropas würden etwas fallen. Die Länder Osteuropas haben in diesem Jahr mit einem vergleichsweise starken Anstieg ihrer Arbeitslosigkeit zu rechnen.
Deutschland ist in jedem Szenario ein Nettozahler, die maximale Belastung liegt diesen Simulationen zufolge bei 38 Milliarden Euro (1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung von 2019).
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