„Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten“ – diese chinesische Weisheit ist einer der Leitsprüche von Gerrit de Wall, Leiter der Kfz-Zulassungsstelle des Landkreises Leer. De Wall weiß, wovon er spricht – er ist seit 30 Jahren beim Landkreis Leer tätig. Damals zeichnete sich die Zulassungsstelle durch wenig Bürgernähe, geringe Fallzahlen, riesige Lagerräume für Akten und wenig Einsatz automatisierter Datenerfassung aus. Heute sieht die Sachlage ganz anders aus: Die in Bußgeld- sowie Zulassungs- und Führerscheinstelle aufgeteilte Straßenverkehrsabteilung des Ordnungsamtes wickelt jährlich 65.000 An-, Ab- oder Ummeldungen ab – und zwar komplett elektronisch. Pro Tag gerechnet sind dies 200 Besucher mit ca. 260 Vorgängen insgesamt. Auch die 142.000 im Bestand gelisteten Fahrzeuge werden ausschließlich digital verwaltet.
Bei allen Zulassungsvorgängen wird großen Wert auf Digitalisierung gelegt – Handakten wurden schon lange durch die eAkte abgelöst. So befindet sich an den Arbeitsplätzen der Sachbearbeiter neben einem Einzugsscanner zur digitalen Erfassung von Dokumenten wie Vertretungsvollmachten, Fahrzeugscheinen, Gutachten oder Bescheinigungen auch ein Unterschriftenpad zum Signieren aller Zulassungsvorgänge.
Konkret nutzt das Straßenverkehrsamt hierzu seit 2016 das Unterschriftenpad signotec Delta, mit dem A4-Dokumente in Originalbreite angezeigt und vollständig gelesen werden können. Zusätzlich ist auf dem Pad eine Diashow mit sechs Bildern eingespielt, die dem Besucher Impressionen des Landkreises Leer vermitteln. Mit dem dazugehörigen Stift kann der Bürger nicht nur unterschreiben, sondern auch durch das Dokument scrollen. Die dann geleistete elektronische Unterschrift entspricht den Vorgaben der EU-weit gültigen eIDAS-Verordnung. Technisch werden die Unterschriftenpads über die Schnittstelle signoPAD-API an die Kfz-Verwaltungssoftware des Landkreises angeschlossen. Somit wird auch das unterschriebene Zulassungsdokument automatisch zur eAkte des jeweiligen Fahrzeuges bzw. Fahrzeughalters hinzugefügt. Die eingesparten Sach- und Personalkosten sind enorm: Zuvor wurde pro Monat eine Palette Papier verbraucht. Die Dokumente wurden zunächst ausgeruckt, dann unterschrieben, eingescannt und anschließend als „Datenmüll“ zur Verbrennung gebracht. „Innerhalb von sechs Monaten hatten sich die Anschaffungskosten der Unterschriftenpads schon amortisiert“, so de Wall.
Neben dem Einzugsscanner und dem Unterschriftenpad ist an einigen Arbeitsplätzen zusätzlich ein Objektscanner zum Erfassen der Kennzeichen vorhanden. Mit diesem werden neben der Erfassung der Kennzeichengröße auch die Siegelplaketten inklusive der Druckstücknummern gespeichert.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die digitale Vernetzung in Puncto Datenaustausch. Während die Zulassungsdaten beim Kraftfahrtbundesamt elektronisch abgerufen und dorthin auch wieder übermittelt werden, können Versicherungsdaten über beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft eingeholt werden. Auch die Hauptuntersuchungsdaten werden digital beim Dachverband der Sachverständigen abgefragt. Parallel erfolgt im Hintergrund die digitale Kontrolle als Voraussetzung für die Zulassung eines Fahrzeuges: Neben den Kfz-Steuerrückständen beim Hauptzollamt werden auch die Rückstände in der Kfz-Zulassung bei der Kreiskasse geprüft. Zudem erfolgt ein Abgleich der Druckstücknummern.
Darüber hinaus haben die Digitalisierungsmaßnahmen auch einen positiven Nebeneffekt in puncto Bürgerservice. Durch die Online-Terminvergabe, die durch 20 % der Bürger genutzt wird, wird langes Warten vermieden. Besonders komfortabel ist auch der SMS-Service zur Benachrichtigung der Fertigstellung eines Antrages für die Bürger sowie die Online-Warteanzeige. Das Online-Wunschkennzeichnen ist ebenfalls ein beliebter und viel genutzter Dienst.
Wer möchte, kann sich den Gang zur Behörde aber auch komplett sparen: Seit 2015 ist die Online-Kfz-Abmeldung und seit 2017 die Online-Wiederzulassung von Fahrzeugen möglich. Ab Ende 2019 ist die komplett internetbasierte Zulassung und Ummeldung geplant.
In Anbetracht dieser zahlreichen Digitalisierungserfolge sind viele der Auflagen des für alle Kommunen bis 2022 umzusetzenden Online-Zugangsgesetzes – wie z. B. der medienbruchfreie Zugang zu elektronischen Verwaltungsdienstleistungen – im Landkreis Leer schon zu großen Teilen erfüllt.
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