Den mit 10.000 Euro dotierten 1. Preis des Otto Brenner Preises für kritischen Journalismus 2018 erhalten die Autorinnen Pascale Müller und Stefania Prandi für ihre Recherchen "Vergewaltigt auf Europas Feldern"/"Er kommt am Abend" (BuzzFeed News/Correctiv, erschienen am 30. April 2018).

Pascale Müller und Stefania Prandi haben nicht nur "die furchtbaren Bedingungen erforscht", unter denen Frauen in den EU-Ländern Spanien und Italien Tomaten und Erdbeeren auch für den deutschen Markt ernten. Nach Auffassung der Jury dokumentieren sie "mit erschütternder Genauigkeit", wie "Einwanderinnen aus Marokko von Vorarbeitern misshandelt, genötigt und vergewaltigt werden". Vor dem Hintergrund der #MeToo-Debatte rückt die prämierte Langzeitrecherche Frauen in den Mittelpunkt, "die fernab von der Glitzerwelt der Film- und Medienbranche" arbeiten. Die Autorinnen sprachen mit mehr als 100 Frauen und "verleihen den Opfern eine Stimme", so die Jury.

Der 2. Preis (5.000 Euro) geht an Frederik Bombosch für "Station 37 ist überall", eine exemplarische Analyse des Pflegenotstands, die in der Berliner Zeitung erschienen ist (28./29. April 2018).

Frederik Bombosch beschreibt "mit hoher Sensibilität und mit großer Präzision den Pflegenotstand auf Station 37 eines Berliner Großklinikums". Den Patienten kommen dort lediglich 38,7 Prozent der vorgesehenen Pflege zuteil. Doch leider ist dieses brutale Defizit kein Einzelfall: Station 37, das ist das Fazit von Frederik Bombosch, "ist überall". Für die Jury legt der Autor "fundiert und überzeugend dar, worin das systemische Versagen in deutschen Kliniken besteht: Es gibt dort eine Überversorgung mit Technik und eine Unterversorgung mit Pflegekräften".

Mit dem 3. Preis wird "Lösch Dich! So organisiert ist der Hass im Netz" (26. April 2018) ausgezeichnet. Das Team der Kooperative Berlin im Auftrag von funk, dem Content-Netzwerk von ARD und ZDF, um YouTuber Rayk Anders und Journalist Patrick Stegemann erhält 3.000 Euro Preisgeld.

Die Dokumentation über "Hater und Trolle" ist laut Jury "ein Musterfall von eingreifender Recherche und jungem Internet-Fernsehen, das das Interesse von Politikmuffeln für Politik wieder weckt". Die 40-minütige Doku "Lösch Dich!" entfaltet beim Anschauen, nach Überzeugung der Jury, einen dreifachen Reiz: Die Zuschauer werden erstens auf eine kritische Entdeckungsreise mitgenommen, hin zu dem hier exklusiv aufgedeckten rechten Netzwerk "Reconquista Germanica". Sie werden zweitens Zeugen von politischem Engagement für eine gute Sache. Und drittens werden sie nicht alleingelassen, weil das für funk produzierende Team der Kooperative Berlin die Wege aufzeigt, wie man sich gegen Hassreden im Netz zur Wehr setzen kann.

Der "Spezial"-Preis, dotiert mit 10.000 Euro, geht an Albrecht von Lucke, den die Jury als "journalistischen Aufklärer" auszeichnet.

Albrecht von Lucke, freier Publizist und Journalist, wird von der Jury des Otto Brenner Preises "als Streiter für Liberalität, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie" ausgezeichnet. Seine Analysen, so heißt es in der Jury-Begründung, sind von "hohem Raffinement und seine Kommentare sind Bollwerke gegen Rassismus und Rechtsextremismus". Als verantwortlicher Redakteur der "Blätter für deutsche und internationale Politik" habe er die Monatszeitschrift inzwischen zu einem der wichtigsten Debattenorgane der Republik gemacht und ihr durch sein Engagement "neue Kraft und neue Ausstrahlung gegeben". In seinen Zeitdiagnosen, mit denen er die Hefte klug einleitet, greift er aus Sicht der Jury außerdem "beherzt und beredt in aktuelle politische Diskussionen" ein.

Der Newcomerpreis, dotiert mit 2.000 Euro, geht an Jonah Lemm für "Im rechten Netz". Seine Recherche über die NRW-AfD und ihre Verwobenheit mit der Identitären Bewegung erschien am 28. Februar 2018 im Kölner Stadt-Anzeiger.

Der 22-jährige Jonah Lemm recherchiert "mit großer Ernsthaftigkeit und Genauigkeit" und kann nachweisen, dass die Verbindungen mit der Identitären Bewegung viel enger sind als die AfD immer behauptet. Es sind "diese Rechercheleistung und der analytische Blick auf politische Strukturen", die für die Jury diese außergewöhnliche Arbeit eines jungen Journalisten besonders auszeichnen.

Im Wettbewerb um die Brenner-Preise zeichnet die Jury auch innovative und wegweisende Medienprojekte aus. 2018 geht der Medienprojektpreis, dotiert mit 2.000 Euro, an das achtköpfige "Docupy"-Team, das das Thema soziale Ungleichheit multimedial (#Ungleichland) bearbeitet hat.

Was verursacht die wachsende Ungleichheit in Deutschland? Welche Folgen hat sie für die Verteilung von Reichtum, Chancen und Macht? Für die Antworten hat das "Docupy"-Team von WDR und bildundtonfabrik (btf) "ein bisher einzigartiges Medienprojekt auf die Beine gestellt". Über sechs Monate haben die Reporter Protagonisten aus allen Schichten der Gesellschaft begleitet und mit Dutzenden Videoclips auf allen Kanälen das Publikum Schritt für Schritt mit dem komplexen Thema vertraut gemacht. Die abschließende dreiteilige WDR-Dokumentarfilmserie, die das Thema seriell erzählt und vertieft, erreichte auf diesem Weg auch Millionen junger Leute, die dem traditionellen Fernsehen längst entsagt haben.

Neben diesen Preisen werden 2018 von der Otto Brenner Stiftung auch wieder drei Recherche-Stipendien vergeben, die mit jeweils 5.000 Euro dotiert sind.

Die Vergabe von Recherche-Stipendien und die Betreuung der Gewinner durch profilierte Journalisten gehören zum Markenkern des Brenner-Preises. Inzwischen liegen fast 40 erfolgreich abgeschlossene, zum Teil spektakuläre Recherche-Ergebnisse vor. Aus den Anträgen 2018 wurde u.a. ein Projekt von Maria-Mercedes Hering und Miriam Lenz ausgewählt, das unter dem Titel "Zwischen Mitbestimmung und Macht-missbrauch" der "Krise in der verfassten Studierendenschaft" nachspüren wird. Die weiteren Stipendien greifen wichtige Aspekte aktueller Themen wie Migration (Petra Sorge, Caitlin Chandler und Giacomo Zandonini) und Energiepolitik (Ralf Hutter) auf und lassen nach Überzeugung der Jury wieder außergewöhnliche Ergebnisse erwarten.

Bernd Kramer, Gewinner eines Stipendiums 2017, wird über seine persönlichen Erfahrungen und zur Situation von Erntehelfern bei der diesjährigen Preisverleihung berichten. Außerdem werden Einblicke in das "Netzwerk der Klimawandel-Leugner" gewährt – überraschende Ergebnisse einer "verdeckt geführten Recherche".

Die Preisverleihung findet am 19. November in Berlin statt (Hotel Pullman Schweizerhof, Berlin). Anja Höfer, TV- und Hörfunk-Journalistin (SWR), moderiert die Festveranstaltung. Armin Wolf, vielfach preisgekrönter österreichischer Journalist und profilierter Fernseh-Moderator (ORF), ist der diesjährige Festredner. Er spricht zur Lage des Journalismus in Zeiten von "Fake News" und "Lügenpresse" und über die Bedeutung und Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Beide OBS-Veranstaltungen können auch in einem Livestream verfolgt werden.

Die Otto Brenner Stiftung der IG Metall verleiht den Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus 2018 zum 14. Mal. Prämiert werden journalistische Arbeiten, die das Motto der Ausschreibung "Gründliche Recherche statt bestellter Wahrheiten" in ihren Beiträgen beispielhaft umgesetzt haben. Aus knapp 600 Bewerbungen wählte die Jury am 25. September in Frankfurt a.M. die Preisträger in fünf Kategorien. Das Preisgeld beträgt 2018 insgesamt 47.000 Euro.

Jurymitglieder 2018 sind Prof. Dr. Volker Lilienthal (Universität Hamburg, Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für Qualitätsjournalismus), Henriette Löwisch (Leiterin der Deutschen Journalistenschule in München, DJS), Ines Pohl (Deutsche Welle, Chefredakteurin), Prof. Dr. Heribert Prantl (Ressortleiter "Meinung" und Mitglied der Chefredaktion, Süddeutsche Zeitung), Isabell Schayani (WDR; u.a. Moderatorin des "Weltspiegel"), Harald Schumann (Investigative Europe, Redakteur für besondere Aufgaben, Der Tagesspiegel) sowie Jörg Hofmann (1. Vorsitzender der IG Metall und OBS-Verwaltungsratsvorsitzender).

Informationen zu den prämierten Beiträgen, zu den Preisträgern und den Mitgliedern der Jury finden Sie unter www.otto-brenner-preis.de

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