Beinahe hätte tatsächlich ein kleiner Ball eine große Rolle im beruflichen Leben von Patrick Ulrich gespielt. Als Jugendlicher besuchte der gebürtige Würzburger ein Sportinternat, trainierte fünf Stunden täglich Tischtennis und spielte in der zweiten Bundesliga. Doch da Sportlerkarrieren meist ein Verfallsdatum in sich eingeschrieben haben, entschied er sich – und seine beiden Knie – für etwas Solides. „Mir war immer klar, wenn es nicht zu einem zweiten Timo Boll reicht, sichert mir das keine Rente“, sagt Ulrich und lacht. Und da er sich neben Tischtennis für wirtschaftliche Zusammenhänge und Wirtschaftsgeschichte interessierte, studierte er Europäische Wirtschaft in Bamberg und Sevilla.
Wie entwickeln sich Wirtschaftssysteme? Wie verändern sich im Laufe der Zeit Vorstellungen von Recht, Moral und Verantwortung? Warum haben sich manche Unternehmerpersönlichkeiten wie Alfried Krupp oder Robert Bosch für bessere Arbeitsbedingungen eingesetzt, während andere nur auf ihren Profit bestrebt waren? „Das fand ich schon immer spannend“, erzählt Ulrich. Im Rahmen seines Studiums beschäftigte er sich mit Grundsätzen der Unternehmensführung, der Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien sowie Menschenführung – Themen, die heute aktueller denn je sind und an denen er als Professor mit großer Leidenschaft weiterforscht und mit ebenso großer Begeisterung seinen Studierenden vermittelt. Zwischen Forschung und Lehre wollte sich Patrick Ulrich nie entscheiden müssen, für ihn ist beides wichtig. „Deshalb passt die Professur hier in Aalen, an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften, einfach perfekt“, sagt Ulrich, der seit 2016 im Studiengang „Internationale Betriebswirtschaft“ lehrt.
Studium, Promotion, Habilitation, parallel dazu noch als Freiberufler für eine Unternehmensberatung tätig und mit 33 Jahren eine Professur – der inzwischen 35-Jährige hat in den vergangen Jahren ein beachtliches Tempo vorgelegt. „Da braucht man natürlich schon eine entsprechende Selbstmotivation und Disziplin“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler, „meine Erfahrungen aus dem Profi-Sport waren da hilfreich. Der innere Schweinehund muss ab und zu schon überlistet werden.“ Das lebt Patrick Ulrich auch seinen Studierenden vor, beispielsweise indem er seine Vorlesungen und Seminare nicht nach dem 0815-Prinzip runterreißt und zig PowerPoint-Folien auflegt – sondern seine Lehre interaktiv und mit anschaulichen Materialien und Medienwechseln gestaltet, aktuelle Bezüge herstellt.
Sperrige Themen spannend zu machen, das ist dem jungen Professor ein großes Anliegen. „Eigentlich wird ja in den Zeitungen fast jede Woche ein Bilanzskandal veröffentlicht oder eine Story aus der Wirtschaftskriminalität, da kann man dann sehr anschaulich über Betrug, Geldwäsche, Korruption referieren.“ Und natürlich profitiert er von seinen vielfältigen Erfahrungen als Unternehmensberater. „Mit Hilfe von anonymisierten Daten kann man da ganz gut aus dem Nähkästchen erzählen“, sagt Ulrich und lacht. Wichtig ist ihm auch der wertschätzende Umgang, den er selbst in seiner Studentenzeit nicht immer so erlebt hat: „Wie gehe ich mit den Studenten um? Halte ich die Termine ein, beantworte ich die E-Mails?“ Dass seine Studierenden ihn für den Lehrpreis der Hochschule Aalen nominiert haben und er jetzt tatsächlich auch als Preisträger ausgewählt wurde, freut den 35-Jährigen sehr. Am meisten freut ihn aber, wenn „ich meinen Studenten ihn die Augen schaue und sehe, dass sie Spaß haben“. Das sind auch immer die Momente, wo Patrick Ulrich genau weiß, dass es die richtige Entscheidung war, die Profi-Karriere als Tischtennisspieler nicht weiter voranzutreiben. Aber aufgepasst, treffsicher ist Ulrich immer noch. Viermal in der Woche trainiert er, unter anderem beim TV Unterkochen, und spielt in der Oberliga. Man sollte also den kleinen, orangefarbenen Softball nicht herausfordern…
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