„Auf die saarländischen Unternehmen kommen in den nächsten Jahren große Herausforderungen zu. Das gilt vor allem mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung und den demografischen Wandel. Von der neuen Landesregierung erwarten wir deshalb, dass sie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Land so setzt, damit die Unternehmen diese Herausforderungen meistern können. Dazu gehören für uns vor allem wettbewerbsfähige Standortkosten und Maßnahmen zur Sicherung eines ausreichenden Fachkräfteangebots. Besonderes Augenmerk sollte die neue Landesregierung zudem auf eine Investitionsoffensive zur Beseitigung des Sanierungsstaus bei der öffentlichen Infrastruktur und eine stärkere Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen legen. Grundsätzlich wird es darauf ankommen, in der nächsten Legislaturperiode die Chancen der Digitalisierung mit Mut und Tatkraft zu ergreifen“ – so fasste IHK-Präsident Dr. Richard Weber die wichtigsten Forderungen der IHK an die neue Landesregierung zusammen.

Aus Sicht der IHK hat das Land nach der Einigung bei den Bund-Länder-Finanzen gute Chancen, sich künftig erfolgreich im Wettbewerb der Regionen zu behaupten. Diese gilt es nun durch einen konsequent wirtschaftsfreundlichen Kurs abzusichern.

Im Einzelnen schlägt die IHK folgende Maßnahmen vor:

·        Investitionsoffensive starten: In weiten Teilen der Infrastruktur hat sich ein erheblicher Sanierungsstau aufgebaut – bei Straßen, Brücken, Abwasserkanälen und Hochschulen. Zudem braucht das Land strukturprägende Zukunftsinvestitionen (forcierter Ausbau des Breitbandnetzes, Kongress- und Messezentrum, touristische Leitinvestitionen). Die künftige Landesregierung muss aus Sicht der IHK daher zügig eine Investitionsoffensive starten, die in Stadt und Land die Investitionsbudgets deutlich aufstockt. Das Saarland muss als Wirtschaftsstandort für Unternehmen und als Lebensmittelpunkt der Bevölkerung attraktiver werden. Grundlage sollte eine Investitionsplanung mit klaren Prioritäten sein. Nur durch eine langfristige Planung und eine entschlossene Umsetzung kann das Vertrauen der Unternehmen in die Zukunftsfähigkeit des Standortes gestärkt werden.

·        Rückkehr zum „Vier-Augen-Prinzip“ beim Brandschutz: Die brandschutzrechtlichen Vorschriften haben sich im Saarland in den vergangenen Jahren zu einer Investitionsbremse entwickelt. Eine Ursache ist das "Sechs-Augen-Prinzip", das seit 2013 praktiziert wird. Seitdem müssen Abweichungen von den Brandschutzkonzepten von der Unteren Bauaufsichtsbehörde (UBA) genehmigt werden. Die oftmals überaus restriktive Auslegung der Vorschriften durch die UBAs sorgt dafür, dass sich Bauvorhaben verzögern und deutlich teurer werden. Die IHK spricht sich deshalb für die Rückkehr zum Vier-Augen-Prinzip aus. Nur so werden die Kosten für ein Bauprojekt wieder kalkulierbar.

·        Demografische Herausforderung meistern – Saarland-Marketing fortsetzen:
Der demografische Wandel, der im Saarland früher und stärker eingesetzt hat als in anderen Bundesländern, macht es gerade kleinen und mittleren Unternehmen zunehmend schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Dies stellt die Unternehmen vor immense Herausforderungen. Damit das Erwerbstätigenpotenzial noch besser ausgeschöpft wird, erwartet die IHK von der neuen Landesregierung, dass sie die gemeinsam mit der Wirtschaft im Rahmen des „Zukunftsbündnis Fachkräfte Saar“ initiierten Projekte forciert fortsetzt. Zudem sollte auch das Saarland-Marketing um drei weitere Jahre verlängert werden. Denn das Saarland-Marketing ist aus Sicht der IHK ein wichtiger Baustein, um die Vorzüge des Saarlandes bundesweit bekannter zu machen und mehr Fachkräfte von außen zu gewinnen.

·        Verkehrsanbindung verbessern: Erste Priorität sollte nach Auffassung der IHK die Sicherung der Schienenschnellverkehrsverbindung Paris – Saarbrücken – Frankfurt haben. Nur bei einer Ertüchtigung und Beschleunigung der Verbindung kann das Saarland gegenüber dem „Südast“ über Straßburg dauerhaft konkurrenzfähig bleiben. Im Straßenverkehr spricht sich die IHK dafür aus, den schrittweisen Ausbau der Nordsaarlandstraße mit einem neuen Trassenansatz rund um Merzig fortzusetzen. Darüber hinaus erwartet die IHK von der zukünftigen Landesregierung, dass sie die Grundlagen für eine Optimierung des Verkehrsflusses im Bereich der Landeshauptstadt schafft (Verschwenkung der A 1, vollwertiger Autobahnanschluss am Deutschmühlental). Im Bereich Homburg sollte sich die künftige Landesregierung beim Bund für eine Erweiterung der Autobahnanschlussstelle Homburg/Saar einsetzen. Die IHK hält eine Sicherung und Stärkung des Flughafens Saarbrücken für wichtig. Die neue Landesregierung sollte sich zudem nachdrücklich auf Bundesebene für einen beschleunigten Ausbau der Moselschleusen einsetzen.

·        Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen begrenzen: Seit einigen Jahren ist ein verstärktes Streben der Kommunen nach Re-Kommunalisierung grundsätzlich privatwirtschaftlich zu erbringender Leistungen zu beobachten – etwa in der Kreislaufwirtschaft, der Energiewirtschaft oder im Wohnungsbau. Städte und Gemeinden sollten aus Sicht der IHK nur noch dann wirtschaftlich tätig werden dürfen, wenn ein dringender öffentlicher Zweck die kommunale Betätigung erfordert und sie nachweisen, dass eine Leistung nicht ebenso gut von privaten Unternehmen erbracht werden kann. Nur mit restriktiveren Regeln für die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen können private Unternehmen wirksam gegen den unlauteren Wettbewerb durch kommunale Unternehmen geschützt und einer schleichenden Erosion der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung entgegengewirkt werden. Grundsätzlich muss – auch als Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips – gelten: Privat vor Staat!

·        Gewerbesteuer nicht weiter erhöhen: Die überdurchschnittlich hohen Gewerbesteuerhebesätze in unserem Land belasten die Saarwirtschaft erheblich. Dies schwächt insbesondere den heimischen Mittelstand, denn die überhöhte Gewerbesteuerlast verringert die Eigenkapitalbasis der Unternehmen und geht zu Lasten ihrer Investitionsfähigkeit. Die IHK erwartet daher von der kommenden Landesregierung, dass sie auf die Kommunen einwirkt, die Hebesätze nicht weiter zu erhöhen.

·        Wassercent abschaffen: Die im Jahr 2008 eingeführte und 2012 verlängerte Gebühr für die Entnahme von Grundwasser – der so genannte „Wassercent“ – belastet die Saarwirtschaft mit rund drei Millionen Euro jährlich und verursacht weitere Bürokratiekosten. Da der Wassercent zudem ökologisch wirkungslos – Grundwasser ist im Saarland nicht knapp – und fiskalisch unergiebig ist, sollte er wieder abgeschafft oder zumindest nicht über den bisherigen Geltungszeitraum des Gesetzes hinaus verlängert werden.

·        Mehr Augenmaß bei Umweltgebühren: Die steigenden Umweltgebühren im Saarland führen zu einer Mehrbelastung der heimischen Wirtschaft und schwächen ihre Position im Wettbewerb. Besonders die Gebühren für Industrieanlagen im Betrieb und beim Neubau sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Besonders kritisch zu sehen sind die pauschalen Gebühren für wiederkehrende Umweltinspektionen nach der europäischen Industrieemissionsrichtlinie (IED). Sie sind hierzulande um ein Vielfaches höher als im Rest der Republik – einige Bundesländer verzichten ganz auf eine Gebühr. Auch die gestiegenen Kosten für Genehmigungen wirken direkt wachstumsdämpfend auf die Saarwirtschaft. Die IHK erwartet daher von der künftigen Landesregierung eine deutliche Begrenzung der Gebührensteigerung und eine gerechtere Verteilung der Kosten.

·        Duale Berufsausbildung stärken: Die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell. Sie steht dafür, dass der Übergang von der Schule in den Beruf deutlich besser gelingt als in vielen anderen Staaten. Die duale Ausbildung steht aber unter erheblichem Druck: Einerseits geht die Zahl der Schulabgänger kontinuierlich zurück, andererseits nimmt die Studierneigung der jungen Menschen zu. Die IHK erwartet daher von der künftigen Landesregierung, dass sie
–        die Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen konsequent fördert und diese an den Gymnasien als Berufs- und Studienorientierung durchführt. Dabei sollten die Unternehmen der Region verstärkt mit eingebunden werden.
–        die Berufsschulen stärkt: Die Berufsschulen sind wichtige Partner der dualen Berufsausbildung. Immer noch fallen jedoch zu viele Unterrichtsstunden aus. Darunter leidet die Ausbildung unserer Jugendlichen. Auch werden zunehmend Berufe mit kleineren Ausbildungszahlen außerhalb des Saarlandes beschult. Von der Landesregierung erwartet die IHK eine Fortsetzung der Qualitätsoffensive und einen zumindest teilweisen Verbleib der demografischen Rendite im Berufsschulsystem – d.h. ein Teil der demografisch bedingt entbehrlichen Lehrerstellen sollen zum Abbau des Stundenausfalls genutzt werden.
–        Übergänge erleichtert: Um eine Aufwertung des beruflichen Bildungsweges zu erreichen, sollten Übergänge zum akademischen Bildungsweg verbessert werden. Dies gilt insbesondere für eine mögliche Studienaufnahme.

·        Weiterbildung ausbauen: Weiterbildung ist ein zentraler Bestandteil einer nachhaltigen Fachkräftesicherung. Das gilt vor allem mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung aller Arbeitsbereiche. Die IHK erwartet deshalb von der neuen Landesregierung eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Weiterbildung. Insbesondere sollten
–        Weiterbildungen zum Industriemeister, Techniker aber auch zum Fachwirt im Sinne einer Gleichbehandlung mit den Hochschulausbildungsgängen finanziell unterstützt werden,
–        die Übergänge zu akademischen Bildungsgängen und die Anrechnung von erbrachten Prüfungsleistungen bei vergleichbaren Weiterbildungsgängen erleichtert werden,
–        die Weiterbildungsmöglichkeiten der Hochschulen, insbesondere bei akademischen Weiterbildungsgängen, gefördert werden und
–        die Inhalte der zentralen Weiterbildungsplattform aktualisiert und besser vermarktet werden.

·        Digitalisierung der Wirtschaft aktiv begleiten: Durch die Digitalisierung werden ganz neue Qualifizierungsbedarfe entstehen. Das stellt die Ausbildung vor immense Herausforderungen. Die neue Landesregierung sollte deshalb die Chancen der Digitalisierung in der Ausbildung fördern. Im Rahmen des so genannten „DigitalPakt#D“ werden den Bundesländern Mittel in Milliardenhöhe bereitgestellt, um eine große Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft von der frühkindlichen Bildung über Schule, berufliche Bildung und Hochschule bis zur Weiterbildung zu fördern. Die neue saarländische Landesregierung sollte schnellstmöglich hierzu passende pädagogische Konzepte realisieren. Dazu gehört insbesondere eine Aus- und Fortbildung der Lehrer, die in der digitalen Gesellschaft eine entscheidende Rolle innehaben.

·        Innovative Gründungen fördern
Die Digitalisierung verändert derzeit unsere Wirtschaft in atemberaubendem Tempo. Lange erfolgreiche Geschäftsmodelle werden vom Markt verdrängt – mitunter durch evolutionäre Entwicklungen in großen Unternehmen, häufig aber auch durch innovative Neugründungen. Diese agieren schnell und flexibel, entwickeln ganz neue Businessmodelle und können in kurzer Zeit große Markanteile gewinnen. Innovative Neu-Gründungen werden immer wichtiger für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung. Die künftige Landesregierung sollte sie deshalb gezielt und bestmöglich fördern.
 

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